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Woher stammt unsere Begeisterung für die alte Engadiner Tänze?

 

In wenigen Regionen der Schweiz besteht eine musikalische Tradition, die ungebrochen ins 18. und 19. Jahrhundert zurückreicht. Die Engadiner Volksmusik ist bis heute eine gelebte Tradition: Sie wird von den Eltern an die Kinder und weiter an die Kindeskinder gegeben, als geografische Identität, als Teil einer Geschichte, die das ganze Tal bis heute prägt. Die „melodias dals randulins“ (Melodien der Schwalben), die die Musikanten aus dem Süden heim in die Berge trugen, erklingen bis heute und haben ihren ganz eigenen Charme.

 

Viele unserer Stücke entstammen dem Notenbüchlein von Johannes Nogler (1860-1938), der 102 Tänze festhielt, die sein Vater Buolf Nogler (1829-1888) komponierte oder selber überliefert bekam. Die Kapelle der Brüder Nogler wurde 1885 gegründet. Diese Notenbüchlein der Familie Nogler, das noch heute bei Buolf Nogler in Bever aufbewahrt wird, wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt (siehe Bild). Es gibt nicht in mancher Region der Schweiz musikalische Quellen, die so weit zurückreichen. Daher begeistern uns die Nogler-Melodien, die alle  Kennzeichen der alte Schweizer Volksmusik tragen: 

  • Die Melodiebogen sind nicht immer 8-/16-taktig und wirken darum unregelmässig

  • Es gibt immer wieder Stücke im 6/8-Takt, was auch einen Bezug zu Italien hat

  • Alle Teile des Tanzes stehen in der selben Tonart

  • Einfache Rhythmik und Harmonik

  • Einfache, eigenständige und eingängige Melodik

Natürlich bleiben die alten Noten nicht unberührt, wir übertragen sie behutsam ins 21. Jahrhundert, so wie das in der Volksmusik gelebt wird.

 

Johannes Nogler spielte auch zusammen mit dem Klarinettisten Cla Genua (1869-1937), der in Italien aufwuchs und später als Musikant zurück nach Sent kam. Einige unserer Stücke stammen aus seinem Repertoire, das in der Volksmusiksammlung Hanny Christen enthalten ist.

 

Und noch eine spannende Geschichte: 1882 notierte Rinaldo Franci in Siena 22 Engadiner Melodien, für Klavier arrangiert. Diese Handschrift brachte Cla Genua zurück ins Engadin, wo die Tänze bis heute mit ihrem italienischen „Dialekt“ gespielt werden. Vier Tänze aus Francis Handschrift haben ebenso in unser Programm gefunden. (Bild Amore-Polka).

 

All unser Wissen um die Engadiner Musik verdanken wir Jachen Erni, der das umfassende Handbuch „Ils melodias dals randulins / Pioniere der Engadiner Volksmusik“ 2020 im Somedia Buchverlag Chur veröffentlichte.

 

Ebenso ungebrochen wie im Engadin ist die musikalische Tradition im Appenzellerland, woher unsere Geigerin Clarigna kommt. Auch diesem teilweise sehr alten Repertoire nehmen wir uns an und erforschen es in einer für Appenzeller Ohren ungewohnten Besetzung: Das Hackbrett und das Cello fehlen, dafür findet mit der Klarinette ein Blasinstrument in die Appenzeller Streichmusik. Nun gut – die Streichmusikbesetzung ist erst 130 Jahre alt, wir berufen uns ganz einfach auf die Zeit davor

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